Der sogenannte Feline Diabetes ("Katzendiabetes") ist in mehr als 90% der Fälle ein Typ-2-Diabetes, der aber häufig mit einer verminderten Insulinproduktion einher geht. Es ist aber trotzdem noch Insulin vorhanden, dessen Rezeptoren aber zunehmend schlecht auf Insulin ansprechen. Diese Tendenz wird auch als Insulinresistenz bezeichnet. Die Insulinresistenz führt also zu einem verringerten Ansprechen von Insulin wodurch mehr Glucose in der Blutbahn verbleibt.
Diabetes bei Katzen ist eine Krankheit, die sich durch viele Symptome auszeichnet. Dies wird dadurch verstärkt dass ein Diabetes häufig als Folge einer Grunderkrankung oder einer Behandlung mit Glukokortikoiden entsteht.
Das am häufigsten festgestellte Symptom ist die Kombination aus vermehrtem Durst und Trinken ("Polydipsie") sowie vermehrtem urinieren ("Polyurie"). Ein Diabetes ist bei Katzen ebenfalls häufig mit großem Hunger ("Polyphagie") bei gleichzeitiger Abmagerung ("Kachexie") verbunden.
Werden diese deutlichen ("pathognomischen") Symptome übersehen können Nervenschäden vor allem an der Hinterhand ein besonderes Gangbild auslösen. Auch chronische Harnwegsinfekte mit Harnabsatzstörungen ("Strangisurie"), Harndrang ("Pollakisurie") und blutigem Urin ("Hämaturie") können entstehen.
Der Feline Diabetes ist eine ernste, chronische Erkrankung - die Diagnose muss tierärztlich gesichert werden und darf nicht von Laien gestellt werden. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel ist bei Katzen keinesfalls beweisend für einen Diabetes: Blutzuckerwerte sind bei Katzen in der Stressphase bei Untersuchung und Blutabnehmen häufig erhöht.
Die Diagnosestellung umfasst mehrere Bereiche:
Mit diesen Parametern lässt sich eine Erhöhung der Blutglucose ("Hyperglykämie") bei der Katze sehr gut einschätzen. Doch damit sollte es noch nicht getan sein.
Zu einer "Diabetes-Diagnose" gehören noch folgende Punkte:
Zähne: ähnlich wie die Hyperthyreose finden sich bei zahlreichen Diabetikern Veränderungen an Zähnen und Zahnfleisch. Erkrankungen wie FORL, Caliciviren oder der Feline Gingivitis-Stomatitis-Komplex lösen Stress aus und sind deshalb oft mit Diabetes verbunden.
Bauchspeicheldrüse: Entzündungen des Pankreas sind nicht nur aufgrund der direkten Schäden an den Inselzellen ein Grund für einen Diabetes, sondern auch aufgrund der Schmerzhaftigkeit und des daraus resultierenden Stresses (erhöhte Cortisol-Gaben). Die Bauchspeicheldrüse der Katze kann nicht nur durch die klassischen Blutwerte Amylase und Lipase untersucht werden, sondern auch durch neuere fPLI-Schnelltests.
Ketonkörper sind für unseren Körper - ebenso wie für Katzen und Hunde - ein "Ausweich-Energieträger". Ketonkörper werden von der Leber immer dann freigesetzt, wenn viele Zellen zu wenig Kohlenhydrate (Zucker!) für ihren Energieumsatz haben. Dies wird dadurch verstärkt dass Insulin das entscheidende Hormon nicht nur für die Einschleusung von Zucker in die Zellen ist, sondern auch die Speicherung von Fetten maßgeblich beeinflusst. Ist zu wenig Insulin vorhanden ("absoluter Insulinmangel") oder dessen Wirkung aufgrund der Insulinresistenz herabgesetzt ("relativer Insulinmangel") beginnt die Leber mit der Freisetzung von Ketonkörpern, welche in den Zellen als Energielieferant dienen können. Gleichzeitig versucht die Leber mehr Glucose zu mobilisieren, was die bei einem Diabetes bereits erhöhten Blutzuckerwerte nochmals verschlechtert.
Die Ketonkörper sind chemisch in drei Stoffe unterteilt: Beta-Hydroxybutyrat, Acetoacetat und Aceton. Aceton entsteht in der Lunge aus Acetoacetat und kann abgeatmet werden, was einen einen süßlichen Geruch zu Folge hat. Dieser süße, an Nagellackentferner oder Pinselreiniger erinnernde Geruch kann von Menschen erst bei einer deutlichen Erhöhung wahrgenommen werden - diese ist gleichbedeutend mit Lebensgefahr für das Tier.
Der Teufelskreis aus Glucose-Freisetzung und gleichzeitiger Erhöhung der Ketone im Blut führt zu einer Azidose, einer Ansäuerung des Blutes mit dramatischen Auswirkungen. Die Entstehung einer Ketoazidose muss unter allen Umständen verhindert werden!
Um die Ketonkörper im Blut zu messen gibt es zwei Möglichkeiten:
Im Urin. Hierfür gibt es freiverkäufliche Keton-Messstreifen, welche in frischen Urin getaucht werden. Die Teststreifen zeigen erhöhte Werte von Acetoacetat an. Leider sind diese Messungen sehr ungenau (es wird nur Acetoacetat angezeigt, dass weit weniger stark erhöht ist wie Hydroxybutyrat) und sehr träge (eine Erhöhung im Urin gibt eine um mehrere Stunden verzögerte Antwort wieder). Die Messung im Urin ist deshalb nicht optimal.
Im Blut. Inzwischen gibt es zuverlässige Schnelltestgeräte, welche Beta-Hydroxybutyrat im Blut innerhalb von Sekunden genau bestimmen können. Es handelt sich oft um die gleichen Geräte, welche auch zur Glucosemessung genutzt werden - nur die "Sticks" sind anders.
Physiologische Werte für Ketonkörper sind bei gesunden Katzen bzw. gut eingestellten Diabetikern im Bereich von 0 bis 0,5 mmol/l. Ab einem Grenzwert von 1,5 mmol/l muss reagiert werden, dieser Wert gilt als "stark erhöht".
Einige grundsätzliche Überlegungen erleichtern den Umgang mit einer diabetischen Katze im Alltag. Diese sind sicherlich etwas zu plakativ dargestellt, sind so aber bestimmt leicht zu merken.
Die Diagnose zu Beginn wird viel zu häufig unterschätzt und mit einem einfachen Nachweis von erhöhtem Fructosamin und hoher Blutglukose abgetan. Doch insbesondere die erste Diagnose sollte ein komplettes Blutbld, Screening, Zahnkontrolle, Schilddrüsen- und Bauchspeicheldrüsenwerte sowie einen vollständigen Harnstatus umfassen.
Wird eine gleichzeitig vorliegende oder gar maskierende Erkrankung übersehen kann es schnell teuer und gefährlich werden.
Leider gehört der Feline Diabetes nicht zu der Sorte Krankheiten, die sich durch eine einfache Tablettengabe (nein, nicht einmal durch die Insulinspritze) einfach behandeln lassen. Tierbesitzer sollten alles versuchen um zuhause ein möglichst zuverlässiges Screening durchführen zu können. Dieses "Home-Monitoring" umfasst regelmäßige Blutzucker-Tagesprofile sowie die Messung der Ketonkörper im Blut. Im Idealfall sind Besitzer bereit
Tierärzte sind nicht so spezialisiert wie es der menschliche Arzt ist. In der Humanmedizin ist der Gang zur Diabetolog*in oder zur Allgemeinmediziner*in mit passender Fortbildung der normale Standard - diese Spezialisierungen gibt es in der Tiermedizin nicht. Selbst ein gut ausgebildeter Internist muss nicht zwingend viel Wissen über Diabetes mitbringen. Hier ist auch ihr Wissen gefragt, um den richtigen Tierarzt als Begleiter zu finden!
Viele Tierarzt-Futtermarken von Hill's, Royal Canine oder VetConcept tragen den Beinamen "Diabetic" - und doch sind diese Produkte nicht geeignet. Entscheidend für die Entstehung eines Diabetes sind nunmal Kohlenhydrate: und diese sollten bei der Ernährung diabetischer Katzen so gut wie es geht vermieden werden. Leider enthalten nahezu alle Trocken- und fast alle Feuchtfuttersorten der namhaften Hersteller viel zu viele Kohlenhydrate. Mehr dazu HIER.
Verlieren Sie nicht die Hoffnung! Durch eine passende Therapie, eine Futterumstellung und eine optimierte Futterergänzung gelingt es in etwa 60-70% der Fälle, eine Remission zu erreichen. Der Blutzuckerspiegel pendelt sich wieder ein, die Insulinresistenz verringert sich, die Insulingabe kann ausbleiben.
Ein wichtiger, vielleicht sogar der wichtigste Grundsatz der Therapie eines Diabetes: niemals nachspritzen. Es kommt auch beim Tierarzt vor: die Katze zuckt und schwupps - war das Insulin jetzt drin oder nur im Fell? Sobald man nicht 1.000%ig sicher ist: NICHT NACHSPRITZEN. Eine Dosis vergessen heißt schließlich nur ein paar Stunden zu viel Zucker, einmal die doppelte Dosis kann in eine lebensgefährliche Unterzuckerung (Hypoglykämie) münden.
UND ERST AN DER SIEBTEN STELLE...
Tausende Besitzer geben ihren Tieren täglich Injektionen. Auch Sie schaffen das! Die geeigneten Injektionsstellen an beiden Seiten des Körpers sind sehr groß und auch für absolute Anfänger leicht zu treffen. Darüber hinaus sind Katzen nicht besonders empfindlich, die Insulinspritzen sehr dünn und die benötigte Insulinmenge winzig.